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Nach der Veröffentlichung des Münchner Missbrauchsgutachtens steht die Kirche in Deutschland einer neuen Welle der Kritik gegenüber. Im Interview mit dem Verlag Nürnberger Presse hat der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick Stellung bezogen:
Wie positionieren Sie sich zu den Ergebnissen der Untersuchung zu den Missbrauchsfällen?
Erzbischof Schick: Ich habe in einem Brief an unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschrieben: „Wahrheit ist ein hohes Gut, das niemals aus opportunistischen Gründen, aus Feigheit oder Selbstgerechtigkeit durch Unwahrhaftigkeit Verschleierung oder Vertuschung gebeugt oder missachtet werden darf. Auch haben wir uns der Aufgabe zu stellen, zu prüfen, welche systemischen Ursachen in unserer Kirche für den Missbrauchsskandal mitverantwortlich sind und welche Konsequenzen daraus gezogen werden müssen.“ Wahrheit geht vor Entschuldigung und Scham. Umgekehrt werden Entschuldigung und Scham oft Teil von Vertuschung.
Was hat es mit dem Vorwurf auf sich, dass die Führung der katholischen Kirche diesbezüglich versagt habe?
Erzbischof Schick: Es hat Schuld und Fehler auf allen Ebenen der Kirche gegeben, bis ganz oben. Hier muss die ganze Wahrheit auf den Tisch. Jeder muss zu seinen Fehlern stehen und die Konsequenzen ziehen. Das gilt auch für mich, falls sich herausstellen sollte, dass ich nicht richtig gehandelt habe.
Die Austrittszahlen aus der Kirche steigen. Wie geht es Ihnen damit? Können Sie die Entscheidung der Menschen verstehen?
Erzbischof Schick: Jeder einzelne Austritt schmerzt mich. Die Gründe sind sehr individuell. Bei vielen geht ein langer Prozess der Entfremdung voraus, ein Skandal oder die Veröffentlichung eines Gutachtens sind dann der letzte Auslöser. Ich kann nachvollziehen, wenn jemand aufgrund dieser schrecklichen Verbrechen das Vertrauen in die Institution Kirche verliert. Die ganze Wahrheit verlangt auch, die gute Arbeit in den kirchlichen Kindergärten, Schulen, Pfarreien und der Caritas, durch viele Pfarrer und Hauptamtliche und vor allem der Ehrenamtlichen zu sehen. Wenn man in der Kirche etwas verändern will, muss man aber drinbleiben. Im Übrigen steht jedem, der ausgetreten ist, die Tür offen zurückzukommen.
Wie wird in Bistum Bamberg mit dem Thema Missbrauch umgegangen?
Erzbischof Schick: Schon seit 20 Jahren haben wir unabhängige Ansprech- und Interventionsbeauftrage für Missbrauchsfälle sowie einen entsprechenden Arbeitsstab, in dem Fälle und Beschuldigungen besprochen und Entscheidungen getroffen werden. Wenn ein Missbrauchsvorwurf bekannt wird, schalten wir die Staatsanwaltschaft ein, und es werden die notwendigen personellen Konsequenzen gezogen. Es werden auch Anerkennungszahlungen für erfahrenes Leid geleistet oder Therapiekosten übernommen. Es gibt seit einem Jahr eine Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs. Diese Kommission hat angekündigt, ein Gutachten zur systemischen Aufarbeitung in Auftrag zu geben. Dabei hat sie volle Unterstützung der Bistumsleitung. Neben der Aufarbeitung spielt die Prävention eine wichtige Rolle. Wir wollen nicht nur, dass den Betroffenen Gerechtigkeit zukommt und die Täter bestraft werden, wir müssen vor allem unbedingt verhindern, dass es künftig zu Missbrauch kommt. Dafür gibt es seit Jahren ein umfassendes Präventionskonzept, das Schulungen für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorsieht, insbesondere für die, die mit Kindern und Jugendlichen Kontakt haben. Wir wollen überall eine Kultur der Achtsamkeit, die Missbrauch und Grenzverletzungen verhindert.
Was fordern Sie von der Kirchenführung? Wie soll es weitergehen?
Erzbischof Schick: Wir brauchen eine geistig-geistliche Erneuerung, die darin besteht, dass sich alle Christen und Katholiken am Evangelium und der Person Jesu Christi ausrichten. Dazu gehören Buße, Umkehr, Wahrheit, Gerechtigkeit sowie Transparenz und Offenheit. Wir müssen auch auf das System Kirche schauen. Ich habe vorgeschlagen, dass Leitungsämter, dazu zähle ich Bischöfe, Pfarrer und auch Abteilungsleitungen im Ordinariat, nach festgesetzten Fristen, zum Beispiel sieben Jahre, evaluiert werden. Wir brauchen auch mehr Mitbestimmung der Gläubigen bei der Berufung der Bischöfe. Die Beschlüsse des Synodalen Wegs gehen hier in die richtige Richtung. Da bewegt sich einiges, da müssen wir dranbleiben.
Was kann die katholische Kirche und ihre Vertreter in den Gemeinden tun, um die Menschen in der Kirche zu halten?
Erzbischof Schick: Es muss höchste Priorität haben, das verloren gegangene Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen. Wir müssen deutlich machen, dass die Kirche als Gemeinschaft der Gläubigen unabdingbar ist. Die Werte des Evangeliums sind ein Schatz für die humane Gesellschaft, den es zu bewahren und weiterzugeben gilt. Auch um die wichtigen kirchlichen Einrichtungen, von Schulen über Kindergärten, Seniorenheimen und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung auf gutem Niveau erhalten zu können, ist Mitarbeit in der Kirche wichtig und gut. Ich rate daher: nicht austreten, sondern auftreten.
von Die Fragen stellte Alena Specht/Verlag Nürnberger Presse
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